Der helle Sternenhimmel war das Schönste
Nottuln. Der Anruf kam am Dienstag kurz vor Mittag. Er sei in etwa zehn Minuten zurück in Nottuln, ließ Extrem-Radsportler Thomas Großerichter per Handy wissen. Erschöpft und froh nach seiner Deutschlandtour wieder in der Heimat angekommen zu sein, traf der 39-Jährige auf dem Stiftsplatz ein. Genau dort wurde er Ende September auch von Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes zu seiner Deutschland-Tour verabschiedet.
Es war die letzte Etappe von Heidelberg nach Nottuln, die es so richtig in sich hatte. Ist Thomas Großerichter doch die letzten 480 Kilometer mehr oder weniger durchgefahren. Montagmorgen startete er um 7.30 Uhr in Heidelberg und erreichte Nottuln rund 28 Stunden später. 21 Stunden davon hat er auf dem Sattel gesessen. Die anderen sieben Stunden verbrachte er mit Ausruhen. Geschlafen hat er in dieser Zeit aber nur 20 Minuten, und zwar „um fünf Uhr in der Früh an einer Tankstelle in Mülheim an der Ruhr“, blickt Großerichter auf die Schlussetappe seiner Tour zurück.
Es war eine Strecke, für die sich wohl die meisten anderen Radfahrerinnen und Radfahrer mindestens ein paar Tage Zeit genommen hätten.
Thomas Großerichter ging es aber weniger um die Besichtigung der an der Strecke liegenden Sehenswürdigkeiten und um den Genuss der Landschaft, sondern ums Kilometer machen. „Mein Ziel war es, 3500 Kilometer in zehn Tagen zu schaffen“, sagt er. Dieser Plan ist leider nicht ganz aufgegangen: „Ich habe nur 2728 Kilometer geschafft und habe dafür neun Tage gebraucht“, berichtet der Nottulner, und in seiner Stimme schwingt etwas Ärger darüber mit, dass er seinen ehrgeizigen Plan nicht einhalten konnte. In Leipzig musste er sogar eine Zwangspause von einem ganzen Tag einlegen, weil sein graublaues Stahlrahmen-Rennrad in der Werkstatt war.
Im Schnitt hatte er also 300 Kilometer am Tag zurückgelegt — statt der anvisierten 350. Im Großen und Ganzen sei das sehr zufriedenstellend, meint Großerichter: „Es war mein Mindestziel, was ich erreichen wollte.“
Seine letzte große Tour, die ihn in rund 29 000 Kilometern um die Welt führte (wir berichteten), liegt zwölf Jahre zurück. Mit der eher kleinen Deutschland-Tour wollte es Thomas Großerichter noch einmal wissen. „Es hat mir großen Spaß gemacht“, zieht der Extremmensch ein Fazit seines Abenteuers, mit dem Rad kreuz und quer durch Deutschland zu fahren. „Ich habe alle Bundesländer bis auf das Saarland geschafft“, bedankt er sich auf diesem Weg auch bei denjenigen, die ihm über seinen Instagram-Kanal @thomasgrosserichter mit Reisetipps versorgt haben.
Gefahren ist er am liebsten nachts: Auf den Straßen ist dann nur wenig bis gar nichts los – bis auf Wildtiere wie zum Beispiel eine Waschbärenfamilie, die vor ihm in aller Gemütsruhe die B96 bei Berlin überquerte, und über ihm ganz oft ein heller Sternenhimmel.
Für Großerichter das Schönste auf seiner Tour. Er sagt, dass er mal eine Lanze brechen möchte für die Deutschen und ihr Land: „Hier lässt es sich ganz wunderbar radfahren und die Leute sind super hilfsbereit“, gerät Thomas Großerichter ins Schwärmen. Viel Lob hat er auch für die Auto- und LKW-Fahrer:innen übrig. Schließlich war er mit seinem Rad auch tagsüber an den Hauptverkehrsstraßen unterwegs: Es war die meiste Zeit ein friedliches Mit- und Nebeneinander, betont Thomas Großerichter. Für den Nottulner ist es übrigens nicht die letzte Tour dieser Art gewesen: „So etwas mache ich bestimmt noch einmal“, sagt der Extrem-Radfahrer Großerichter: „Es ist einfach eine tolle Erfahrung“, möchte er auch andere Radfahrer:innen für ein solches Erlebnis begeistern.